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Die Verfahren zur Studierendenauswahl und zur Eignungsdiagnostik befinden sich sowohl in Deutschland als auch in Österreich durch jüngere rechtliche Neuerungen in der Diskussion. In Deutschland stimmte der Bundesrat am 9. Juli 2004 der Neuregelung der Studienplatzvergabe im Hochschulrahmengesetz zu. Ab dem Wintersemester 2005/2006 können 60% der bundesweit zulassungsbeschränkten Studienplätze durch die Hochschulen selbst auf der Grundlage eines Auswahl­verfahrens vergeben werden.

Was auf den ersten Blick revolutionär klingt, wird den Hochschulzugang in Deutschland allerdings vorerst wohl nur marginal ver­ändern: Die Einführung von Auswahlverfahren ist nur in bundesweit zulassungs­beschränk­ten Studiengängen zulässig, d.h. in Biologie, Medizin, Pharmazie, Psy­cho­logie, Tier- und Zahn­medizin. Außerdem muss die Abiturnote bei der Auswahl­entscheidung der Hoch­schule zwingend und maßgeblich berücksichtigt werden. Da sich die Mehrzahl der Hochschulen für diese Aufgabe darüber hinaus personell und finanziell nicht hinreichend ausgestattet sieht, setzt lediglich jede dritte Universität bis dato Auswahlverfahren ein. Ob sich der ganze Aufwand lohnt, ist schließlich angesichts der Ergebnisse einer aktuellen Studie der Universität Hohenheim mehr als fragwürdig: Studienerfolg kann anhand der Abiturnoten besser beurteilt werden als durch Eignungstests und Bewerbungsgespräche.

In Österreich dagegen hat das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 7. Juli 2005 für großes öffentliches Aufsehen gesorgt: Die bis dahin geltende Regelung des Hochschulzugangs, wonach nicht-österreichische Studienbewerber neben der Hochschulreife auch einen Studienplatz in ihrem Heimatland vorweisen mussten, wurde für rechtswidrig erklärt. Aus Sorge vor einem nicht handhabbaren Zustrom ausländischer Studierender an österreichische Universitäten hat der Österreichische Nationalrat daraufhin beschlossen, für bestimmte Disziplinen Zugangs­beschrän­kungen zu erlassen. Als Zulassungskriterien sind neben den Schulabschlussnoten auch andere Beurteilungskriterien hinzuzuziehen.

Die Klärung der Rechtslage hat neue Fragen aufgeworfen, beispielsweise nach der konkreten Ausgestaltung von Auswahlverfahren oder der Notwenigkeit einer zentralen Organisations- und Koordinierungsstruktur, ähnlich der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) in Deutschland. Nach wie vor ist aber der Hochschulzugang sowohl in Deutschland als auch in Österreich ein Politikum: Die Befürworter von Auswahlverfahren versprechen sich eine bessere "Passung" von Studienanfängern und Studiengangsanforderungen; die Gegner wiederum sehen die Chancengleichheit durch Auswahlinstrumente bedroht und befürchten ein Absin­ken der Akademikerquote.

Vor diesem Hintergrund will das vorliegende Themenheft Denkanstöße geben und einen Beitrag zur Versachlichung der Diskussion leisten.

25.02.2007 | Bettina JORZIK & Ann-Katrin SCHRÖDER (Essen)

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