Call zum Themenheft 13/4

"Über die Möglichkeiten und Grenzen von Aufnahmeverfahren im Hochschulbereich"

Gastherausgeber/in: Martin Arendasy (Universität Graz), Gisela Kriegler-Kastelic (Universität Wien) & Dennis Mocigemba (Universität Marburg)
Erscheinungstermin: Dezember 2018

Zum Themenschwerpunkt

Je nach Gesetzeslage führen viele Hochschulen Aufnahme-, Auswahl- oder Eignungsverfahren durch, die mit unterschiedlichen Ansätzen den Zugang von Studienbewerberinnen und ‑bewerbern regeln sollen. Die Verfahren müssen eine Feststellung der Studierfähigkeit erlauben, also jene primär leistungsbezogenen Kriterien überprüfen, die für das jeweilige Studium maßgeblich sind. Zuweilen soll auch die weit in der Zukunft liegende Eignung für berufliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit einem Studium prognostiziert werden. Zudem müssen die Verfahren sicherstellen, dass die Zulassung auf fairer, reliabler, valider und rechtssicherer[1] Grundlage basiert und dabei in ihrer Durchführung ökonomisch zu rechtfertigen sind.

Wie kann es gelingen, diese bisweilen konkurrierenden Anforderungen unter einen Hut zu bringen?

In der Entwicklung von Auswahlverfahren beim Hochschulzugang sind Hochschulen in der Vergangenheit unterschiedliche Wege gegangen. Entsprechend unübersichtlich ist die Lage für Studieninteressierte bei Studienwahl und Bewerbung, und entsprechend aufwändig und kostspielig sind solche Verfahren mitunter in der Durchführung für die Hochschulen selbst.

Je nach Ausgangssituation einer Hochschule oder eines Studienfachs werden Auswahlinstrumente auf unterschiedliche Schwerpunkte fokussiert. Beispielsweise wird durch den Einsatz von (fachspezifischen) Wissensfragen, die sich auf einen vorab bekannten Lernstoff beziehen, nicht nur der Wissensstand gemessen, sondern sollen indirekt auch die Interessen und die Motiviertheit der Studieninteressierten erfasst werden. Oder es wird die facheinschlägige, kognitive Leistungsfähigkeit zu messen versucht. Oft werden auch mehrere Auswahlkriterien miteinander verbunden. Allerdings kann nicht alles, was relevant ist, objektiv gemessen werden. Ein möglicher Ansatz, diese Herausforderung zu meistern, sind Verfahren, die mehrere Stufen beinhalten (multimodale Aufnahmeverfahren) und somit die Auswahl zu einem Prozess machen. Den Testbatterien vor- oder nachgelagerte Verfahrensbestandteile wie Online-Self-Assessments, Motivationsschreiben oder Interviews können stärker auf motivationale Ausprägungen und persönliche Kompetenzen fokussieren und dabei z. B. auch einen realistischen Einblick ins Studium ermöglichen. Somit sollten solche Instrumente bei entsprechender Selbstreflexionsfähigkeit der Bewerber/innen zu einer Selbstselektion beitragen. Zugleich weisen solche Zugänge den Nachteil ihrer Verfälschbarkeit und eine Einschränkung ihrer Objektivität und Fairness (als Grundlagen jedes Aufnahmeverfahrens) auf.

Das Themenheft möchte diese Vielfalt von Aufnahmeverfahren im Hochschulbereich anhand folgender Leitfragen aus möglichst multidisziplinärer Perspektive in den Blick nehmen:

  1. Was sind innerhalb der jeweils gegebenen gesetzlichen Rahmenbedingungen die Ziele von Auswahlverfahren? Geht es um die Sicherstellung der Studierfähigkeit, die kapazitätsorientierte Regelung von Angebot und Nachfrage, die Förderung der Passung zwischen Fach und Studierenden? Oder dürfen solche Selektionsmechanismen auch als Maßnahme gezielter Studiengangentwicklung, Organisationsentwicklung und (Lern-)Kulturentwicklung gedacht werden?
  2. Was bedeutet Fairness und welche Rolle spielt sie im Rahmen von Auswahlverfahren im Hochschulbereich? Wie kann sie für Auswahlverfahren sichergestellt werden? Und welche Rolle spielen politische Forderungen nach Diversität und der Rekrutierung nicht-traditioneller Studierender in diesem Zusammenhang? Inwiefern erfüllen unterschiedliche Zugänge (Leistungstests, Wissenstests, Interviews, Selbstselektionsinstrumente, Motivationsschreiben etc.) dieses Kriterium?
  3. Was sind je nach Zielsetzung die geeigneten Instrumente, und wo liegen ihre Möglichkeiten und Grenzen zwischen objektiver Aussagekraft und subjektivem Gerechtwerden, kapazitätsbedingter Zugangsbegrenzung und Fairness, zwischen Komplexität und Vermittelbarkeit/Akzeptanz, zwischen Aufwand und Nutzen, zwischen Rechtssicherheit und Flexibilität?
  4. An welchen Qualitätskriterien müssen sich gute Auswahlverfahren und Selbstselektionsinstrumente und -verfahren messen lassen? Woran bemisst sich ihre erfolgreiche Implementierung? Was sind möglicherweise ungewollte Nebenwirkungen?
  5. Wie ist es um die Vorhersagekraft von Auswahlverfahren im Hinblick auf Studienerfolg bestellt? Welche Kriterien werden dafür herangezogen (bspw. Studiergeschwindigkeit und/oder ECTS-Credits)? Welche Maßnahmen werden getroffen, um dies festzustellen?

Zielgruppe und Themenspektrum für Beiträge

Mit einem Fokus auf a) theoretische Konzepte, b) aktuelle empirische Befunde und c) Beispiele guter Praxis möchte dieses Themenheft Anregungen liefern, die Auswahlprozesse im Hochschulbereich neu zu denken und zu gestalten und zu implementieren. Der Call richtet sich besonders an Projektverantwortliche, die im Rahmen der Gestaltung von Aufnahmeverfahren sowie Selbstselektionsinstrumenten mit der wissenschaftlichen Entwicklung oder operativen Umsetzungsaufgaben betraut sind, sowie an Qualitätsmanager/innen, die die Wirkung dieser Prozesse untersuchen.

Es werden wissenschaftliche Beiträge erbeten, die Auswahlprozesse beim Hochschulzugang theoretisch (neu) rahmen oder ihre (Aus-)Wirkungen beschreiben und empirisch belegen. Außerdem sind Erfahrungsberichte aus der Praxis erbeten. Aufgrund der regional sehr unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen und Terminologien sollten insbesondere eingereichte Erfahrungsberichte von diesen in ihrer Argumentation so weit wie möglich abstrahieren. Alle eingereichten Beiträge sollten sowohl die Perspektive der Hochschulen sowie die Verallgemeinerbarkeit ihrer Ergebnisse diskutieren.

Literaturauswahl

Arnold, N. & Hachmeister, C. D. (2004). Leitfaden für die Gestaltung von Aufnahmeverfahren an Hochschulen. Centrum für Hochschulentwicklung. Arbeitspapier 52.

Hell, B., Trapmann, S. & Schuler, H. (2007). Eine Metaanalyse der Prognosekraft von Studierfähigkeitstests. Empirische Pädagogik, 21(3), 251-270.

Litzenberger, M., Punter, J. F., Gnambs, T., Jirasko, M. & Spiel, C. (2007). Qualitätssicherung bei der Studierendenauswahl mittels lernpsychologisch fundierter Wissensprüfung. In A. Kluge & K. Schüler (Hrsg.), Qualitätssicherung und -entwicklung an Hochschulen: Methoden und Ergebnisse (S. 23-34). Lengerich: Pabst.

Moosbrugger, H. et al. (Hrsg.) (2008). Selektion von Studienbewerbern durch die Hochschulen. Riezlern-Reader XIV Heft 2.

Hänsgen, K. D. (2015). Optionen für eine „evolutionäre Weiterentwicklung“. Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2015; 96:48. https://doi.emh.ch/10.4414/saez.2015.04176

Punter, J. F. et al. (2006). Zur Auswahl von Studierenden mittels lehrzielorientierter Wissensprüfung. In B. Gula et al. (Hrsg.), Perspektiven psychologischer Forschung in Österreich. Proceedings zur 7. Wissenschaftlichen Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Psychologie (S. 472-479). Lengericht: Pabst.

Rindermann, H. & Oubaid, V. (1999). Auswahl von Studienanfängern durch Universitäten – Kriterien, Verfahren und Prognostizierbarkeit des Studienerfolgs. Zeitschrift für Differentielle und Diagnostische Psychologie, 20, 172-191.

Schindler, S. & Reimer, D. (2010). Primäre und sekundäre Effekte der sozialen Herkunft beim Übergang in die Hochschulbildung. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 62(4), 623-653.

Schmidt-Atzert, L. (2013). Studierendenauswahl durch die Universitäten: Chancen und Grenzen. Vortrag uniko Wien, 11.04.2013.

Schuler, H. & Hell, B. (2008). Studierendenauswahl und Studienentscheidung. Hogrefe.

Spiel, C., Litzenberger M. & Haiden, D. (2007). Bildungswissenschaftliche und psychologische Aspekte von Auswahlverfahren. In C. Badelt, W. Wegscheider & H. Wulz (Hrsg.), Hochschulzugang in Österreich (S. 253-327). Graz: Grazer Universitätsverlag.

Trost, G. (2003). Deutsche und internationale Studierfähigkeitstests. Arten, Brauchbarkeit, Handhabung. Dokumentationen & Materialien, Band 51. Bonn: Deutscher Akademischer Austauschdienst.

Westhoff, K. et al. (Hrsg.) (2009). Grundwissen für die berufsbezogene Eignungsbeurteilung nach DIN 33430 (3. Aufl.). Pabst Science Publishers.

Hinweise zur Zeitschrift

Die ZFHE ist ein referiertes Online-Journal für wissenschaftliche Beiträge mit praktischer Relevanz zu aktuellen Fragen der Hochschulentwicklung. Der Fokus liegt dabei auf den didaktischen, strukturellen und kulturellen Entwicklungen in Lehre und Studium. Dabei werden in besonderer Weise Themen aufgenommen, die als innovativ und hinsichtlich ihrer Gestaltungsoptionen noch als offen zu bezeichnen sind.

Die ZFHE wird von einem Konsortium von europäischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern herausgegeben. Weitere Informationen: https://www.zfhe.at.

Informationen zur Einreichung

Beiträge können in zwei unterschiedlichen Formaten in deutscher Sprache eingereicht werden:

Wissenschaftliche Beiträge: Wissenschaftliche Beiträge innerhalb des Schwerpunktthemas sollten folgende Kriterien erfüllen: Der Beitrag…

  • bietet innovative Perspektiven, Argumente, Problemanalysen etc. auf das Schwerpunktthema;
  • fokussiert wesentliche Aspekte des Schwerpunktthemas;
  • ist theoretisch fundiert, d. h. er bietet eine deutliche Anbindung an den wissenschaftlichen Diskurs zu dem bearbeiteten Thema;
  • bietet zumindest in Teilen einen Zugewinn an wissenschaftlichen Erkenntnissen;
  • macht die Methodik der Erkenntnisgewinnung transparent;
  • folgt konsistent einschlägigen Regeln der Zitation (APA-Stil, 6. Auflage);
  • umfasst maximal 33.600 Zeichen (inkl. Leerzeichen sowie Deckblatt, Literatur- und Autorenangaben).

Werkstattberichte beziehen sich auf die instruktive Darstellung von Praxiserfahrungen, ‚Good Practice‘, Gestaltungskonzepten, Modellvorhaben etc. Werkstattberichte sollten folgende Kriterien erfüllen:

  • Potential zum Transfer auf andere Praxisbereiche;
  • Herausarbeitung generalisierbarer Aspekte und Faktoren im Sinne einer Theoriebildung;
  • Systematik und Transparenz der Darstellung (z. B. keine unverständlichen Hinweise auf Spezifika und Details in einem Praxisfeld);
  • konsistente Befolgung einschlägiger Regeln der Zitation (APA-Stil, 6. Auflage);
  • Umfang von maximal 21.600 Zeichen (inkl. Leerzeichen sowie Deckblatt, Literatur- und Autorenangaben).

Zeitplan

  • 27. Juli 2018 – Deadline zur Einreichung des vollständigen Beitrags: Ihre Beiträge laden Sie im ZFHE-Journalsystem (https://www.zfhe.at) unter der entsprechenden Rubrik (Wissenschaftlicher Beitrag, Werkstattbericht) der Ausgabe 13/4 in anonymisierter Form hoch; hierzu müssen Sie sich zuvor als „Autor/in“ im System registrieren.
  • 14. September 2018 – Rückmeldung/Reviews: Wissenschaftliche Beiträge und Werkstattberichte werden in einem Double-blind-Verfahren beurteilt (s. u.).
  • 12. Oktober 2018 – Deadline Überarbeitung: Gegebenenfalls können Beiträge entsprechend Kritik und Empfehlungen aus den Reviews überarbeitet werden.
  • Dezember 2018 – Publikation: Im Dezember 2018 werden die finalisierten Beiträge unter https://www.zfhe.at publiziert und auch als Printpublikation erhältlich sein.

Review-Verfahren

Sämtliche eingereichten Beiträge werden in einem „double-blind“ Peer-Review-Verfahren auf ihre wissenschaftliche Qualität überprüft. Die Herausgeber/innen Heftes schlagen die Gutachter/innen für den jeweiligen Themenschwerpunkt vor und weisen die einzelnen Beiträge den Gutachterinnen und Gutachtern zu; sie entscheiden auch über die Annahme der Beiträge. Die Auswahl der Gutachter/innen und der Begutachtungsprozess werden bei jedem Themenheft jeweils von einem Mitglied des Editorial Boards begleitet.

Formatierung und Einreichung

Um bei der Formatierung der Beiträge wertvolle Zeit zu sparen, möchten wir alle Autorinnen und Autoren bitten, von Beginn an mit der Formatvorlage zu arbeiten, die auf der Homepage der ZFHE heruntergeladen werden kann:

https://www.zfhe.at/userupload/ZFHE_13-4_TEMPLATE.docx

Die Texte müssen bearbeitbar sein und z. B. in den Formaten Microsoft Word (.doc), Office Open XML (.docx), Open Document Text (.odt) oder als Plain Text (.txt) vorliegen; bitte keine PDF-Dateien einreichen. Die Beiträge werden zunächst in anonymisierter Fassung benötigt, um das Double-blind-Reviewverfahren zu gewährleisten. Bitte entfernen Sie hierzu sämtliche Hinweise auf die Autorinnen und Autoren aus dem Dokument (auch in den Dokumenteigenschaften!). Nach positivem Reviewergebnis werden diese Angaben wieder eingefügt.

Noch Fragen?

Bei inhaltlichen Fragen wenden Sie sich bitte an eine/n der Herausgeber/innen (martin.arendasy@uni-graz.at, gisela.kriegler@univie.ac.at, dennis.mocigemba@verwaltung.uni-marburg.de).
Bei technischen und organisatorischen Fragen wenden Sie sich bitte an Michael Raunig (office@zfhe.at).

Wir freuen uns auf Ihre Einreichung!

Martin Arendasy (Universität Graz)
Gisela Kriegler-Kastelic (Universität Wien)
Dennis Mocigemba (Universität Marburg)

[1] In Österreich fordern beispielsweise die Bundesgerichtsurteile zum NC „Rechtsgleichheit und Willkürfreiheit“. In Deutschland erklärte das Bundesverfassungsgericht erst im Dezember 2017 die bundesdeutschen- und landesgesetzlichen Vorschriften über die Studienplatzvergabe für das Fach Humanmedizin für „teilweise mit dem Grundgesetz unvereinbar“ und verordnete eine Neuregelung bis zum 31. Dezember 2019.